Wer denkt, man könnte mit dem Auto am Strassenrand kurz anhalten und rasch ein Foto von einem Polarlicht knipsen, der hat vollkommen falsche Vorstellungen.
Aber wie sieht es denn nun wirklich aus, wie entsteht so ein Bild?
Schon die Vorbereitung ist enorm wichtig und zeitintensiv. Nach einem stets reichhaltigen Frühstück – denn ein hungriger Magen in der Kälte fotografiert nicht gern - heisst es, die Kamera und Objektiv funktionsfähig bereit zu legen (Akkus aufgeladen, genügend Speicherplatz, saubere Objektive, Stativ, Fernauslöser). Danach folgt die aufwendige Suche nach möglichen Standorten für die Nacht, was sich nicht immer so einfach gestaltet. Die Gegend wird natürlich zuerst auf einer Karte genau geprüft, dann geht’s mit einem Auto in diese Umgebung. Meist muss dann ein Weg durch den Tiefschnee gespurt werden, da in der Nacht erstens die Zeit und zweitens die Sicht fehlt. Oftmals wird ein zuerst als gut taxierter Standort wieder verworfen, da die Aussicht doch nicht so gut ist oder noch ein Strommast im Weg steht. Ist dies der Fall, heisst es weiter suchen, denn stets habe ich das „perfekte“ Foto vor meinem inneren Auge. Natürlich gibt’s auf diesen Erkundungstouren auch immer mal wieder etwas Landschaftstypisches vor die Linse, sei es ein Rentier oder eine schöne Wetterstimmung. Im Verlauf des Nachmittags geh ich dann zurück in meine Unterkunft und koche mir ein warmes Essen, meist Kohlenhydrate, damit ich die nordisch-kalte Nacht durchstehe.
Nach dem Essen wird die Wetterkarte genauestens studiert, wie ist die Wetterlage, woher weht der Wind, wo gibt es allenfalls ein Wolkenloch? Dann entscheide ich, wo ich mein Glück versuchen werde. Erneut wird die Fotoausrüstung kontrolliert, das passende Objektiv montiert, Voreinstellungen überprüft (bei gutem Licht geht das alles viel einfacher), eine Thermoskanne mit Tee gefüllt und dann verpack ich mich selber in eine extra Lage warmer Kleider (zum Schluss sehe ich aus wie das Werbemännchen von Michelin). Und los geht’s……
Oftmals positioniere ich mich auf einem Hügel, da ich dort meist eine weitere Sicht auf den Himmel habe. Dort angekommen wird die Ausrüstung aufgestellt und von da ab heisst es die eigene Geduld im Griff zu haben und das zum Teil bei minus 20 Grad…wann wird das Schauspiel losgehen, wo wird es losgehen, wie lange wird’s dauern, werde ich überhaupt was sehen? Zum Teil kann es Stunden dauern den richtigen Augenblick, den perfekten Moment einzufangen, und glaubt mir, es braucht sehr viel Geduld und Liebe um diesen magischen einzigartigen Augenblick festzuhalten und den Willen, dies in der Einsamkeit und Stille der Nacht bei diesen Temperaturen auszuhalten.
Doch dann ist es auch in dieser langen, kalten Nacht soweit….zuerst nur ganz zaghaft flammen die ersten Lichter am Horizont auf. Rasch positioniere ich Kamera und Stativ in eine gute Position und mache einen ersten Probeschuss…je nachdem muss ich die Belichtungszeit noch leicht anpassen…die mehrjährige Erfahrung kommt mir da inzwischen sehr zu Gute. Während dessen jetzt das Polarlicht tanzt und immer wieder neue Figuren zum Vorschein bringt, drücke ich auf den Auslöser. Immer wieder muss ich die Kamera justieren, da ja das Polarlicht nicht stationär am Himmel bleibt. Innerlich mache ich Luftsprünge, vergesse die Kälte, bin so fasziniert und überwältigt, was sich dort am Himmel abspielt und verharre, bis sich die Aurora langsam abschwächt und dann ganz verschwindet.
Es ist inzwischen weit nach Mitternacht, als ich mein Equipment zusammen packe und mit Hilfe der Stirnlampe den Weg zurück zum Auto finde. Nochmals muss ich mich stark konzentrieren, denn in der Nacht auf vereisten Strassen zu fahren verzeiht keine Unachtsamkeiten und bei einer Panne hätte ich hier draussen nicht einmal Handyempfang.
Und so kann es sein, dass ich erst gegen Morgen wieder in meiner Unterkunft ankomme, wo ich dann müde aber sehr zufrieden und beseelt von einer herrlichen, beeindruckenden Polarnacht in einen kurzen Tiefschlaf falle. Denn am nächsten Morgen geht die Jagd nach dem schönsten Polarlicht-Moment erneut von vorne los.
Nach so einer Woche Jagd freu ich mich dann jeweils auf mein eigenes Bett. Aber dann geht die Arbeit weiter. Ich muss all die Bilder auf dem Computer laden, die Spreu vom Weizen trennen und dann die Bilder bearbeiten. Früher war das die Entwicklung der Bilder, jetzt wird das alles digital am PC erledigt, was aber genauso zeitaufwändig ist.
Somit benötige ich für ein gutes Bild eines Polarlichts häufig weit mehr als 24 Stunden.
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